Dienstag, 20. Oktober 2020

Deine Angst sei deine Kraft

Diese Woche mussten meine Schüler eine Geschichte über "Angst" lesen. In der Geschichte haben Kinder Angst davor, ein Fussballspiel zu verlieren. Angst, verspottet zu werden von den älteren Kindern. Angst, nicht gut genug zu sein. Es stand aber nicht schwarz auf weiß da, sondern zwischen den Zeilen. 

"Die Geschichte versteh ich nicht", seufzte eine der Schülerinnen bei den Lerngruppen. "Ich versteh die Angst da nicht." Recht hatte sie. Für neunjährige war das Gefühl der Angst, wie es in dieser Geschichte zum Tragen kam, noch recht schwer verdaulich. Angst hat man vor Schlangen, vor Pumas, vor schlimmen Unwetter, meinte sie. Aber was haben Fussball und Angst miteinander zu tun? 

Wir sprachen also darüber. Wertvolle Unterrichtsgespräche ergeben ja sich oft ungeplant. Die Geschichte endete nämlich damit, dass der Fussballtrainer die Kids herausfordert, sich ihrer Angst zu stellen. "Eure Angst ist keine Schwäche, sie ist eure Kraft", hieß es in der Geschichte.

Da musste ich doch gleich daran denken, dass ich in den letzten Tagen auch Angst - besser gesagt: Furcht (noch besser gesagt: Menschenfurcht) hatte. Ich scheute die Begegnung mit einer Person, mit der ich beruflich immer wieder zu tun habe, weil sie mich immer wieder in meiner Arbeit "bedroht". Oder fühle ich mich nur bedroht? Wohl eher. 

Jedenfalls sollte ich mit ihr zusammentreffen, nachdem es in letzter Zeit immer Situationen gegeben hatte, wo sie mich kritisierte und aus meiner Sicht unangemessene Textnachrichten hinterließ und mich bodenlos konfrontierte.  Ich scheute mich also davor, es führte jetzt aber kein Weg daran vorbei. 

Also musste eine Strategie oder zumindest ein bestärkender Gedanke her. 

Ich redete mir also selbst gut zu: "Wenn ich mich jetzt bedroht und aus Furcht zurückziehe, wird sich diese Person dennoch nicht ändern. Überhaupt werde ich sie in keinster Weise ändern. Warscheinlich gibt es trotzdem in zwei Wochen wieder ein unangenehme Szene mit ihr.  Ich werde also mein Bestes geben, ihr weiterhin freundlich und offen zu begegnen. Das wird mir in dieser Situation am besten helfen. Vielleicht reife ich ja eines Tages an dieser Angst."

Fiel es mir leicht? Keineswegs. 

Aber als der Vormittag geschafft war, war ich stolz auf mich, ein Stück weiter gekommen zu sein und meiner Angst einmal neu nicht die Oberhand gelassen zu haben. 

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lr



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